Deckelung der Mindestsicherung - Krisenwohnraum in Gefahr!
Wohngemeinschaft für Frauen in Krisensituationen und deren Kinder gefährdet
In Niederösterreich wird ein Krisenwohnraum für Frauen und Kinder als Wohngemeinschaft eingestuft und die Mindestsicherung für alle Bewohnerinnen gedeckelt. Völlig absurd und ein weiterer unmenschlicher Auswuchs der BMS-Deckelung.
Krems an der Donau ist eine sehr alte, sonnige Stadt am Tor zur Wachau. Für mich war es vor zwanzig Jahren ein schönes Pflaster, um zur Schule zu gehen, abends FreundInnen zu treffen, in die Selbstständigkeit zu wachsen. Auch wenn meine Heimat heute Wien ist, verfolge ich das Leben in Krems doch weiterhin – meist macht es Freude. Mein Telefonat Anfang der Woche mit Margarete hat allerdings richtig weh getan. Das Problem: Krems liegt in Niederösterreich, wo kürzlich (trotz erbittertem Widerstand des NÖ Armutsnetzwerks) die Deckelung der Mindestsicherung eingeführt wurde.
Margarete Purkarth ist Obfrau des Vereins Lilith, der Beratung, Bildung und Räume für Frauen anbietet. Mit dem „Lilith Wohnzimmer“ hat der Verein Krisenwohnraum für Frauen und ihre Kinder geschaffen: Eine Wohnung mit sechs Zimmern bietet Frauen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind und ihren Kindern eine gesicherte Wohnsituation für zumindest neun Monate. In dieser Zeit können die Frauen Kraft tanken, individuelle Beratung in Anspruch nehmen, wieder Wertschätzung erfahren und so selbstbewusst einen Neustart in einer eigenen Wohnung planen. Der Verein unterstützt dabei, wo er nur kann: bei Behördengängen, bei der Wohnungssuche und bei der Erarbeitung gesunder Tagesstrukturen. Dieses wertvolle Projekt ist nun in der Existenz bedroht – genauso wie seine Bewohnerinnen. Einige Frauen haben Antrag auf Mindestsicherung gestellt, wobei der Krisenwohnraum von der Behörde als Wohngemeinschaft eingestuft wurde: es gibt nur 1.500 Euro für alle Bewohnerinnen! Das ist so absurd, dass ich es zunächst kaum glauben konnte.
Die Frauen, die hier ein paar Monate wohnen, sind einander fremd und bilden keine Wohngemeinschaft aus Freude oder Sorgepflicht gegenüber den anderen, sondern weil sie der Obdachlosigkeit entrinnen wollen. Die Frauen und ihre Kinder versorgen sich jeweils nur selbst und nicht einander, haben getrennte Kühlschrankboxen, getrennte Konten, getrennte Leben – abgesehen von der gemeinsamen Adresse. Sie ziehen ein, um wieder auf die Beine zu kommen, auch finanziell. Bei Vollbelegung der „Wohngemeinschaft“ würde durch die Deckelung jede Frau nur 225 Euro im Monat bekommen, rechnet Margarete vor. Nicht einmal im Krisenwohnraum können die Frauen mit einer solchen Summe überleben. Die Frauen würden also noch ärmer, als sie es davor schon waren. Das gefährdet das gesamte Projekt und das Überleben der Frauen und Kinder!
Der Verein Lilith kämpft natürlich gegen die Deckelung an. Es gab Kontakte mit roten wie auch schwarzen LandesrätInnen, mündliche Zusagen, sich für eine Änderung stark zu machen. Die Sache wird aber offenbar wie eine heiße Kartoffel zwischen den Ressorts hin und her geschupft. Es wird Zeit für öffentlichen Druck. Deshalb schrei ich so laut ich kann: Rettet das Lilith Wohnzimmer!
Gabi Horak, gebürtige Kremserin und PR-Frau in der Armutskonferenz
Veröffentlicht am 9.3.2017