Existenz und Chancen sichern, nicht Leute weiter in den Abgrund treiben

Mindestsicherung: Deckel-Gesetze in NÖ, OÖ und im Burgenland produzieren persönliche Notlagen und gesellschaftliche Folgekosten.

(13.03.2018) „Reformen wären sinnvoll, wenn sie versuchen würden, Existenz und Chancen zu sichern, aber nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben“, so die Armutskonferenz. Das Gesetz verfehle "seinen eigentlichen Zweck, nämlich die Vermeidung und Bekämpfung von sozialen Notlagen bei hilfsbedürftigen Personen“, sagt der Verfassungsgerichtshof.

Was wir daraus lernen sollten: 1. Verfassung und Menschenrechte als unsere gemeinsamen Werte achten – gerade bei Minderheiten und Armen nicht schauen „was geht“ und sehenden Auges verfassungsrechtlich und auch menschenrechtlich bedenkliche Gesetze beschließen.

2. Genau hinsehen: „Asyl“ wird gesagt, aber gestrichen wird dann bei allen. Die Deckelungskürzungen in der Mindestsicherung betreffen Familien, Alleinerziehende, Pensionisten, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen, Arbeitnehmer und Arbeitssuchende gleichermaßen. Diese Einschnitte haben zahlreiche persönliche Notlagen, gesellschaftliche Folgen samt Folgekosten mit sich gebracht. Betroffen sind beispielsweise jetzt schon in Niederösterreich Geringverdiener mit Frau und kleinen Kindern, Alleinerziehende Mütter, die sich zum Schutz ihrer Kinder von gewalttätigen Männern getrennt haben. Chronisch kranke Personen, die zwar als erwerbsfähig gelten, am Arbeitsmarkt aber enorm schlechte Karten haben. Eltern, die mit ihren erwachsenen Kindern mit Behinderung im selben Haushalt leben. Familienväter, die sich mit schwerer Arbeit körperlich ruiniert haben und gekündigt wurden“, analysiert die Armutskonferenz, das Netzwerk von über 40 Initiativen aus sozialen Organisationen, Selbsthilfeinitiativen, Wissenschaft, Bildungseinrichtungen und Armutsbetroffenen.

Gesundheit, Anerkennung, Chancen!

„Deckel drauf. Das heißt Kinder klein machen, unter Verschluss halten, hinunter drücken, Chancen rauben. Jedenfalls nicht das, was Kinder brauchen: wachsen lassen, fördern, zutrauen, stärken“, analysiert die Armutskonferenz. Angesichts der Tatsache, dass die Mindestsätze schon jetzt nur zur Deckung des unmittelbaren Bedarfes reichen, entziehen die Kürzungen Familien mit mehreren Kindern die Existenzgrundlage und bringen damit auch die Zukunftsperspektiven der Kinder ernstlich in Gefahr. Dies steht dem Ziel Armut und sozialer Ausgrenzung nachhaltig entgegenzuwirken und folglich auch eine „Vererbung“ von Armut über Generationen zu vermeiden, diametral entgegen.

Eine Mutter mit Kindern, eines ist krank und braucht eine spezielle Therapie. Das geht sich mit all den Kürzungen nicht aus. Kleinigkeiten? Nein, das sind die wichtigen Faktoren für die Entwicklung von Kindern: Gesundheit, Anerkennung, Förderung – keine Beschämung und keine Existenzangst. All das hat Folgen: Die armen Kinder von heute sind die chronisch kranken Erwachsenen von morgen. Und als Beispiel: Die Streichungen bei der Wohnbeihilfe in England führten zu einem 10 prozentigen Anstieg von psychischen Problemen bei Personen aus Niedrigeinkommenshaushalten, wie Studien der Universität Oxford zeigen.
Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden. Die Gefahr des sozialen Ausschlusses zeigt sich in den geringeren Möglichkeiten Freunde einzuladen, Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen. Diese sozialen Teilhabemöglichkeiten sind erst ab mittlerem Einkommen für fast alle Kinder leistbar (Statistik Austria, EU SILC).

Statt Menschen zu Almosenempfängern zu machen, gehören die Gesetze so geändert, dass sie Armut bekämpfen und nicht Armutsbetroffene noch ärmer machen", so die Armutskonferenz abschließend.