Gemeinsam gegen Barrieren und Beschämung!

Österreichisches Treffen von Menschen mit Armutserfahrungen der Plattform Sichtbar Werden 2021 in Linz

Das diesjährige Treffen der Plattform Sichtbar Werden fand von 30.09. - 02.10.2021 im Jugendgästehaus in Linz statt. An der Tagung nahmen Menschen aus unterschiedlichen Initiativen, Selbstorganisationen und Vereinen, aber auch interessierte Personen aus mehreren Bundesländern teil. Geplant und organisiert wurde das Treffen von den Vertreter*innen der Plattform Sichtbar Werden gemeinsam mit dem Koordinationsbüro der Armutskonferenz. In zahlreichen Workshops und Diskussionsrunden wurden inhaltliche Positionen und Forderungen erarbeitet (z.B. zum Thema Sozialhilfe), aber auch praktische Übungen und Methoden ausprobiert (z.B. Theatermethoden). Es wurde auch konkret zur Weiterentwicklung der Plattform Sichtbar Werden gearbeitet, um die Vernetzung von Menschen mit Armutserfahrungen zu verbessern.

„Social Prescribing“ – Soziale Verschreibungen ohne Zwang und Beschämung

Ein Workshop beschäftigte sich mit dem neuen sozial-medizinischen Ansatz namens „Social Prescribing“. Dabei geht es kurz gesagt darum, dass von Ärzt*innen nicht nur Medikamente und medizinische Behandlungen sondern auch soziale Leistungen verschrieben werden können. Studierende der Fachhochschule St. Pölten beschäftigen sich mit diesem Ansatz und präsentierten ihre Projektarbeiten. Es wurden Begriffe gesammelt, die dieses Angebot besser beschreiben und verständlicher machen könnten. Für Menschen mit Armutserfahrungen ist besonders wichtig, dass diese Verschreibungen nicht autoritär sind, sondern dass sie selbstbestimmt und freiwillig als Angebote gewählt werden können. Dank eines geförderten Projekts kann sich die Plattform Sichtbar Werden auch im nächsten Jahr mit Social Prescribing auseinandersetzen.

„Mitgehn“ – Freiwillige Begleitdienste auf Ämter und Behörden

Am Freitag wurde das Projekt "Mitgehn" vorgestellt, das in Kooperation mit ULF (Unabhängiges LandesFreiwilligenZentrum) und Frauen- bzw. Alleinerzieherinnen-Beratungsstellen aus Wien, Salzburg und der Steiermark durchgeführt wird. Dabei geht es um freiwilliges Mitgehen zu Ämtern, Behörden, Ärzt*innen, Gesundheitseinrichtungen usw. für Menschen mit Armutserfahrungen mit dem besonderen Schwerpunkt auf Alleinerziehende. Der Ansatz wird partizipativ, das heißt gemeinsam mit Menschen mit Armutserfahrungen entwickelt und begleitet. Das Pilotprojekt soll dabei helfen, Beschämung auf Ämtern zu vermeiden, damit Betroffene mit weniger psychischen Belastungen solche Termine wahrnehmen können.

In weiteren Workshops wurde unter anderem an folgenden Themen gearbeitet:

  • Sozialhilfe – Mindestsicherung > Mit der Forderung nach einem Würde- und Menschlichkeitspaket gegen die Ohnmacht!
  • Der Initiative „Arbeitslosengeld rauf!“ > Es müsse darum gehen, die Stigmatisierung Arbeitssuchender aufzubrechen.
  • Psychosozialen Auswirkungen der Corona-Krise
  • und vielem mehr

Aktion „Sozialstaats-Jenga“

Wir zeigen was passiert, wenn der Sozialstaat ausgehöhlt wird. Ständige Kürzungen im Sozialstaat gefährden uns alle. Wir brauchen eine soziale Sicherung, die uns stützt und schützt.


Kennenlernen und Vernetzung

Doch auch die gemütlicheren Programmpunkte, die ganz wichtig für Kennenlernen und Vernetzung sind, kamen nicht zu kurz: Kinoabend, Ausflug auf den Pöstlingberg und ein „Bunter Abend“, bei dem alle eingeladen waren, ihre jeweils persönlichen Talente einzubringen.

Zum Abschluss des Treffens wurden die Vertreter*innen der Plattform Sichtbar Werden neu gewählt:

  • Silvia „Phönix“ Gangl, InterAct / AMSEL Graz
  • Johannes Mayerbrugger, arbeitslos.selbstermächtigt Linz
  • Anna Schiff, Wien
  • Wolfgang „Wodt“ Schmidt, AMSEL Graz
  • Johannes Seidl, Kupfermuckn Linz
  • Wolfgang Süß, arbeitslos.selbstermächtigt Linz
  • Monika Volk, Wien

Danke an alle Teilnehmer*innen für die gelungene Veranstaltung, danke an die Organisation durch das Koordinationsbüro der Armutskonferenz, danke an Moderatorin Kornelia Senzenberger für die Unterstützung.