"Ich muss bei meinem spielsüchtigen Mann bleiben"

Die Klientin einer Sozialberatungsstelle schildert ihre ausweglose Situation: Sie möchte ihren spielsüchtigen Mann verlassen, kann aufgrund von Schwangerschaft und Karenz derzeit aber nicht arbeiten. Doch sie und ihre Kinder haben – im Gegensatz zum Vater - keinen Anspruch auf Mindestsicherung.

„Ich zog mit meiner ältesten Tochter vor fünf Jahren von Serbien zu meinem Mann nach Österreich. Er lebt schon lange hier und hat einen unbefristeten Aufenthaltstitel. Dadurch hätte er auch Anspruch auf Mindestsicherung. Ich selbst bekam einen befristeten Aufenthaltstitel und arbeitete bis zur Geburt unseres jüngsten Kindes. Derzeit bin ich in Karenz. Wir konnten unseren Alltag mit dem Arbeitseinkommen meines Mannes und dem Kinderbetreuungsgeld knapp bewältigen.

Leider wurde vor wenigen Wochen alles anders. Ich bemerkte, dass mein Mann spielsüchtig ist und Schulden gemacht hatte. Zuletzt konnten wir deshalb die Fixkosten für die Wohnung nicht mehr bezahlen. Ich beschloss, mich von ihm zu trennen und er zog aus. Zur gleichen Zeit erfuhr ich, dass ich wieder schwanger bin.

Nach einigen Beratungsstunden merke ich, wie abhängig ich von meinem Mann und seinem Einkommen derzeit bin. Während der Schwangerschaft arbeiten zu gehen ist aufgrund der vereinbarten Karenz und fehlender Kinderbetreuung für mein jüngstes Kind nicht möglich. Weder ich noch meine Kinder haben Anspruch auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung – aufgrund meines befristeten Aufenthaltstitels. Würde ich bei meinem Mann bleiben, würde ich die Unterstützung aber nicht brauchen und wir wären vor dem sozialen Absturz geschützt.

Es ist schwer auszuhalten, dass ich im Fall einer Trennung derzeit keine Möglichkeit habe, meinen Kindern eine gesicherte Existenz zu bieten. Die Alimente, die mein Mann zahlen müsste, würden nicht ausreichen, um über die Runden zu kommen. Die Benachteiligung für meine Kinder im Falle einer Scheidung, dass sie keine Mindestsicherung bekommen würden, auch wenn ihr Vater schon sehr viele Jahre in Österreich lebt und selbst Anspruch hätte, ist für mich unverständlich. Es ist absurd und widersprüchlich, dass ich bei meinem spielsüchtigen Mann bleiben muss, bis ich nach der Karenz wieder arbeiten kann.“

Veröffentlicht am 27.6.2016