Es ist Zeit, entschieden gegen Frauenarmut aufzutreten

Frauen*volksbegehren unterschreiben ab 1. Oktober

(29.09.2018) 511.000 Frauen* ab 20 Jahren sind in Österreich armutsgefährdet (Alle Daten entnommen: Statistik Austria (2018): Tabellenband EU-SILC 2017 – Einkommen, Armut und Lebensbedingungen. Wien). Sie sind von Armut stärker betroffen als Männer*, insbesondere wenn es um Altersarmut geht: 70% der armutsgefährdeten Menschen über 65 sind Frauen*! Auch wenn Frauen* noch im Erwerbsleben stehen, trifft sie und ihr Umfeld Armut häufiger: 22% der Haushalte mit einer weiblichen Hauptverdienerin* sind davon betroffen – doppelt so viele wie bei einem männlichen* Hauptverdienern. Auch Alleinerziehende* haben mit 31% ein besonders hohes Risiko. Hinzu kommt die „versteckte Armut“, die Scham und Stigmatisierung, die mit Armutslagen einhergeht.

Das hat vielfältige Gründe, die sich durch alle Lebensbereiche und –phasen ziehen. Wir können die Geschichte so erzählen, dass sie die Schicksale von Frauen* individualisiert: Frauen* suchen sich eben die falschen Jobs oder Männer* aus, bleiben zu lange bei den Kindern, wollen ja gar nicht in die Politik. Oder sie zu Opfern machen: Man(n) lässt sie halt nicht, sie können sich ja nicht wehren. Damit kann aber die höhere Armutsbetroffenheit von Frauen* nicht erklärt werden. Und wenn wir das erkannt haben, müssen wir uns das System als Ganzes ansehen – und werden erkennen, dass es viele Barrieren, Lücken und Ausschlüsse gibt, für armutsbetroffene Menschen, für Frauen*. Frauen* leisten einen Großteil der Betreuungs- und Reproduktionsarbeit und beziehen zumeist ein geringeres Gehalt aus der Lohnarbeit, wodurch sie häufiger mit kürzeren Versicherungszeiten (und damit geringen Pensionsansprüchen), prekären Beschäftigungsverhältnissen oder geringen Leistungshöhen bei beispielsweise Arbeitslosenversicherung konfrontiert sind.

Dem entschiedene Schritte entgegenzusetzen ist sowohl eine gesamtgesellschaftliche als auch eine sozialpolitische Aufgabe. Sprechen wir über Armut und Geschlechtergerechtigkeit, müssen wir auch über Verteilung sprechen. Über Verteilung von Arbeit, von Ressourcen (Geld und Zeit). Und von Zugängen und Perspektiven. Kritische Bewusstseinsarbeit muss in Verbindung mit konkreten Maßnahmen gebracht werden. Eine Gelegenheit hierfür bietet das Frauen*volksbegehren, das von 01. Oktober bis 08. Oktober 2018 unterzeichnet werden kann, und zentrale Aspekte für Armutsbekämpfung anführt:

  • Maßnahmen zu einer gerechteren Verteilung von Arbeit und Ressourcen finden sich etwa in der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung, einem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder einem Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige und bundesweit einheitliche Betreuung.
  • Für veränderte Perspektiven stehen die Forderungen nach einem Ausbau von Frauen*- und Mädchenberatungsstellen oder kostenfreien Verhütungsmitteln, ebenso wie ein besonderer Schutz für geflüchtete Frauen*.

Die Arbeitsgruppe Frauen und Armut vernetzt Frauen* aus unterschiedlichen Sozial- und Frauen*organisationen mit dem speziellen Fokus auf armutsbetroffene Frauen*. Ziel ist der Informationsaustausch, die Strategieentwicklung und das politischen Lobbying zur Vermeidung und Bekämpfung von Frauen*armut. Aus unserer Arbeit kennen wir die Herausforderungen gerade für armutsbetroffene Frauen. Eine schnelle und konkrete Verbesserung ihrer Situation muss oberste Priorität haben.

Daher unterstützen wir als Arbeitsgruppe Frauen und Armut das Frauen*volksbegehren und fordern alle Frauen, von Armut Betroffene und alle Sympathisant*innen zur Unterzeichnung des Volksbegehrens Anfang Oktober 2018 auf!

Manuela Wade für die AG Frauen und Armut im Rahmen der Österreichischen Armutskonferenz