Wohnen

Wohnen als Grundrecht

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Wohnen ist ein zentrales Grundbedürfnis wie Kleidung und Nahrung. Wohnen steht für Sicherheit, Schutz vor dem Außen, aber auch für einen Raum für persönliche Gegenstände und Erinnerungsstücke. Einen großen Teil unseres Lebens verbringen wir in unserer Wohnung. Eine Wohnung ist eine wichtige Voraussetzung für die Teilhabe an der Gesellschaft. Unabdingbar ist eine Meldeadresse für die Arbeitssuche, aber auch für die Wahrung rechtlicher Ansprüche oder die Eröffnung eines Kontos wird ein Meldezettel benötigt.
Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend leistbarem Wohnraum zählt zu den wichtigsten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen. Doch leistbarer Wohnraum wird zunehmend zur Mangelware, insbesondere für Familien mit niedrigem Einkommen (AlleinerzieherInnen, Mehrkindfamilien, junge Menschen, KlientInnen der Wohnungslosenhilfe). Gründe dafür sind die stark gestiegenen Wohnungsmieten im privaten Sektor, ein in den Ballungsräumen auftretender Mangel an günstigen Mietwohnungen sowie die hohen Anmietkosten. Für Familien in mittleren und niedrigen Einkommenssegmenten sind die Kosten einer neu errichteten Wohnung eine nur schwer oder oft gar nicht leistbare finanzielle Belastung.

Insbesondere armutsgefährdete Haushalte müssen einen überproportionalen Anteil ihres Haushaltseinkommens fürs Wohnen aufwenden. Schon für 32% aller Menschen mit einem Einkommen unter der Armutsgefährdungsschwelle stellen die Wohnkosten eine hohe Belastung dar, weitere 46% fühlen sich durch die Wohnkosten belastet. Fast 70% der Einkommensschwachen geben mehr als ein Viertel ihres verfügbaren Einkommens fürs Wohnen aus. (EU SILC 2012)
Von 2000 bis 2011 sind die Mieten (ohne Betriebskosten), hauptsächlich auf dem privaten Sektor, um 38,5 Prozent gestiegen. Die allgemeine Teuerungsrate lag in diesem Zeitraum allerdings nur bei 25 Prozent, die Lohnerhöhungen bewegten sich ebenfalls im Bereich der Inflation (Bruttolöhne stiegen um 26 Prozent). Damit sind die Mieten um rund zwei Drittel stärker gestiegen als die Inflationsrate oder die Löhne. (WIFO Studie „Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik“2012)

2010 bezogen insgesamt etwa 208.000 Haushalte Wohnbeihilfe, das entspricht etwa 6% aller Haushalte – mit steigender Tendenz. (WIFO Studie „Instrumente und Wirkungen der österreichischen Wohnungspolitik“ 2012) 2012 wurden knapp 85.000 Räumungsverfahren eingeleitet und über 11.000 Räumungen vollzogen (Bundesrechenzentrum, Bundesministerium für Justiz). Für viele von Armut betroffene Haushalte ist ihre Wohnsituation durch Überbelag, Substandard, hohe Mietkosten und Mietschulden gekennzeichnet. Zu hohe Wohnkosten können in die Schuldenfalle und von da in die Armut führen, gleichzeitig ist Armut verantwortlich für eine schlechte Wohnsituation.

263.000 Menschen in Österreich können ihre Wohnung nicht warm halten. (EU SILC 2012) Jährlich sind Schätzungen zufolge 60.000 Haushalte in Österreich von Stromoder Gasabschaltungen betroffen. (Arbeiterkammer Oberösterreich, Pressekonferenz 2011)

Die Folgen von Wohnungs- und Energiearmut sind für die Betroffenen vielfältig. Es kann zu gesundheitlichen und psychischen Beeinträchtigungen kommen. Aufgrund der Kälte und der Feuchtigkeit kann es zu zum Beispiel dauerhaften Schädigungen der Atemwege kommen. Wohnungs- und Energiearmut schlägt sich auch auf die Psyche nieder. Das Leben in Substandardwohnungen kann zu Angstzuständen und sozialer Isolation führen. Für Kinder heißt ein beengter Wohnraum darüber hinaus, keinen geeigneten Raum für Hausübungen oder zum Lernen zu haben.

Zentrale Forderungen

  • Berücksichtigung tatsächlicher Wohnkosten
    Eine Reform der Mindestsicherungsgesetze ist notwendig: Rechtsanspruch auf Übernahme der Anmietungs-, Ausstattungs- sowie tatsächlichen Wohn- und Energiekosten
  • Veränderungen im Mietrecht
    Befristungsmöglichkeiten müssen gesetzlich stark eingeschränkt werden. Zu den hohen Kosten einer privaten Mietwohnung kommt in den meisten Fällen auch eine substantielle Unsicherheit des Wohnverhältnisses. Es braucht darüber hinaus klare Obergrenzen bei den privaten Mieten und eine transparente Regelung von Zu- und Abschlägen.
  • Zweckbindung der Wohnbauförderung
    Die Zweckbindung der Wohnbauförderung muss wieder eingeführt werden und auch die Rückflüsse aus den Wohnbaudarlehen müssen wieder zweckgewidmet werden.
  • Delogierungsprävention und Ausbau der Notquartiere
    Um Wohnungslosigkeit zu verhindern, braucht es eine flächendeckende Delogierungsprävention und einen Ausbau der Sozialarbeit durch qualifizierte MitarbeiterInnen in diesem Bereich. Es braucht einen Ausbau der Notquartiere, vor allem für Familien und Notquartiere, die untertags geöffnet sind.
  • Neubau leistbarer Wohnungen
    Es braucht einen ausreichenden Neubau leistbarer, bedarfsgerechter Wohnungen und eigenmittelfreien Zugang zu erschwinglichem Wohnraum, denn für von Armut betroffene Menschen sind oft schon geringe Baukostenzuschüsse nicht leistbar.

Weitere Informationen

Sozialpolitische Datenbank "Alles über und gegen Armut": Kartegorie Wohnen