Überschuldung

Überschuldung bekämpfen

Überschuldung bekämpfen

Rund 59.000 Personen wurden 2016 bei der Bewältigung ihrer Schuldenprobleme von einer der zehn staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich unterstützt. Von den 7.855 eröffneten Privatkonkursen wurden 69% von einer Schuldenberatung begleitet.

Von Schuldenproblemen betroffen sind jedoch weit mehr Personen. Laut EU SILC 2008 (Statistics on Income and Living Conditions) ist davon auszugehen, dass österreichweit mehr als 549.000 Personen in Haushalten leben, die mit Zahlungen im Rückstand sind und damit als überschuldet gelten.

Schuldenprobleme sind komplexe soziale Probleme für deren Vermeidung und Bekämpfung es ein umfassendes Maßnahmenpaket braucht. Ein Großteil der KlientInnen der Schuldenberatungen verfügt über vergleichsweise geringe Schulbildung (42% Pflichtschulabschluss, 46% Berufsschule und berufsbildende Schulen, 4% Maturaniveau und darüber), 30% haben weniger Einkommen als das Existenzminimum zur Verfügung, 40% sind arbeitslos. Angesichts steigender Ausgabenkosten der Haushalte ist mit einer weiteren Zunahme von Schuldenproblemen zu rechnen, Handlungsbedarf ist dringend geboten.

Zwei jahrelange Forderungen der Schuldenberatungen konnten zuletzt durchgesetzt werden: so besteht seit September 2016 in Österreich das Recht auf ein Basiskonto und mit 1. November 2017 treten Verbesserungen im Privatkonkurs in Kraft. Weiterer Reformbedarf besteht im Hinblick auf die geltende Exekutionsordnung, verstärkte Investition in Prävention und die Sicherung von ausreichendem Beratungsangebot bei Schuldenproblemen.

Zentrale Forderungen

  • Mehr Fairness in der Exekutionsordnung
    Die Exekutionsordnung (EO) geht im Falle des Zahlungsverzugs davon aus, dass Personen zahlungsunwillig sind. Tatsächlich handelt es sich aber in äußerst vielen Fällen um bereits lang dauernde Zahlungsunfähigkeit. Auf Zahlungsunfähige werden die Rechtsfolgen der Einzelvollstreckung aus der EO angewendet, die eigentlich für zahlungsunwillige Personen gedacht sind. Änderungen sind notwendig, um die dadurch insbesondere durch Zinsen und Betreibungskosten ausgelöste Schuldenspirale zu stoppen.
    • Anheben des Existenzminimums
    • Neuregelung des Prioritätengrundsatzes
    • Begrenzung der Nebenkosten
  • Mehr Fairness im Zivilrecht
    • ​Anrechnungen von Zahlungen zuerst auf das Kapital
    • Recht auf Schutz unpfändbarer Beträge am Konto
    • Einschränkung von Bürgenhaftungen
  • Sicherung der Beratungsleistung
    Gefährdete Haushalte und überschuldete Familien im Speziellen und brauchen langfristig gesicherte Beratungsstellen mit ausreichenden Kapazitäten zur umfassenden und professionellen Beratung und Begleitung bei den Schuldenregulierungsverfahren. Fast 70 % der Privatkonkurse werden von den staatlich anerkannten Schuldenberatungsstellen vorbereitet und die überschuldeten Menschen bei Gericht begleitet und vertreten.
  • Investition in Prävention
    Um Schuldenprobleme und finanzielle Ausgrenzung zu vermeiden, sind stärkere Investitionen in Präventionsprojekte für Jugendliche und Erwachsene notwendig. Von Banken ist eine verantwortungsvolle Kreditvergabe (erhöhte Aufklärungspflichten, eindeutige Kennzeichnung von Krediten, Einführung eines „Basiskredits“) einzufordern. Die Überwälzung des Kreditrisikos an unbeteiligte Dritte als Mithaftende (BürgerInnen), die sich in der Regel nicht über das Haftungsausmaß im Klaren sind, ist einzustellen.

Weitere Informationen

Sozialpolitische Datenbank "Alles über und gegen Armut": Kartegorie Überschuldung

Webportal der staatlich anerkannten Schuldenberatungen: www.schuldenberatung.at

FactSheet zu den neuen Regeln im Privatkonkurs ab 1.11.2017: zum Download FactSheet