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Pflegebedürftigkeit solidarisch absichern

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Pflegebedürftige Menschen, vor allem langzeitpflegebedürftige Menschen, sind verstärkt von Armut betroffen, da im Gegensatz zu Krankheit Pflegebedürftigkeit in Österreich nicht solidarisch abgesichert ist. 80% der Pflegebedürftigen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt, zu über 70% von Frauen. Ungefähr die Hälfte aller pflegenden Angehörigen gibt die Erwerbstätigkeit auf, lediglich ein Drittel geht einer bezahlten Arbeit nach. Pflegende Angehörige, die ihre Arbeit reduzieren oder gänzlich aufgeben, haben in der Folge niedrigere Pensionen und laufen selbst Gefahr, im Alter in die Armut abzurutschen. Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, ist in Österreich unzureichend abgedeckt. Das Pflegegeld, das 1993 eingeführt wurde, stellt lediglich einen Zuschuss zu den pflegebedingten Mehrkosten dar und deckt höchstens 25% der Kosten für professionelle Pflege. Während Krankheit mehrheitlich gesamtgesellschaftlich abgesichert ist, ist Pflegebedürftigkeit immer noch ein individuelles Risiko. Fehlt das Angebot an leistbaren mobilen Diensten, wird entweder auf die nötige Hilfe verzichtet und eine weitere gesundheitliche Verschlechterung riskiert oder die Kosten für Assistenzleistungen müssen tatsächlich „vom Mund“ durch Einsparung bei Lebensmitteln, beim Heizen, bei Kleidung etc. finanziert werden.

Der Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheitszustand ist bekannt. Von Armut gefährdete Menschen werden durchschnittlich um zwei Jahre früher pflegebedürftig. Wer geringes Einkommen und geringe Bildung hat, stirbt früher als diejenigen mit höherem Einkommen und höherer Bildung. In Österreich gibt es über 200.000 armutsgefährdete Menschen im Pensionsalter, 80.000 davon sind allein lebende Frauen. Personen mit Behinderungen gehören mit einer Armutsgefährdungsquote von 19% zu den am häufigsten von Armut betroffenen Gruppen. (EU SILC 2012) Rund 430.000 Personen bezogen Anfang 2012 Pflegegeld.

2011 wurden 74.789 Personen in stationären Einrichtungen mit finanzieller Unterstützung der Sozialhilfe bzw. der Mindestsicherung der Länder und Gemeinden betreut (Statistik Austria, Jahrbuch der Gesundheitsstatistik, 2013). Für die betroffenen Personen heißt das ein Stück weit Entmündigung, da ihnen außer einem geringen Taschengeld und einem kleinen Teil des Ersparten, das für Begräbniskosten zurückbehalten werden darf, kein Geld zur Verfügung steht.

Ein großer Tell der Sozialhilfegelder fließt traditionell (auch nach Einführung des Pflegegeldes) in die (Mit-)Finanzierung der Unterbringung von hilfsbedürftigen Menschen in Altenwohn- und Pflegeheimen. Die Sozialhilfe wurde jedoch für die Überbrückung von Notlagen geschaffen und nicht dafür, das Risiko pflegebedürftig zu werden abzufangen.

Es ist daher dringend notwendig, die Pflege aus der Sozialhilfe zu lösen und eine umfassende solidarische Pflegesicherung zu schaffen.

Zentrale Forderungen

  • Solidarische Pflegesicherung: Vollständige Abdeckung der Kosten für Pflege und Betreuungsbedürftigkeit; Orientierung am tatsächlichen Pflegebedarf; Rechtsanspruch auf Pflegeleistungen
  • Soziale Dienstleistungen: Ein flächendeckendes, qualitätsvolles, bedarfsorientiertes Angebot an sozialen Dienstleistungen
  • Qualitätsstandards: Verbindliche Qualitätsstandards für soziale Dienstleister, die auch eine adäquate Bezahlung von in der Pflege und Betreuung tätigen Personen beinhalten.
  • Vereinbarkeit Pflege und Beruf: Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflegetätigkeit und Berufstätigkeit, Maßnahmen, die den (Wieder-)Einstieg von pflegenden Angehörigen ins Berufsleben erleichtern; Entlastungsangebote für pflegende Angehörige

Weitere Informationen

Sozialpolitische Datenbank "Alles über und gegen Armut": Kartegorie Alter | Pflege