Armutsgrenzen: Für 138.000 Kinder gutes Essen nicht leistbar.

Aktion im Vorfeld der 9. Armutskonferenz anlässlich des Welternährungstages

Aktion am Naschmarkt: Armutsgrenzen sind meist unsichtbar. Aber sie sind da. Wir machen sie sichtbar. Pressefoto (jpg)

(Wien, 16.10.2012) "Armutsgrenzen sind meist unsichtbar. Aber sie sind da. Wir machen sie sichtbar." Vor den reichhaltigen und üppigen Essensständen am Wiener Naschmarkt spannte die Armutskonferenz heute Armutsgrenzen auf. "511.000 Menschen leben in Österreich unter der Armutsgrenze. Das heißt für sie: zu wenig für gutes Essen zu haben, nicht in der Lage zu sein, die Wohnung angemessen warm zu halten, Freunde nicht nach Hause zum Essen einladen können, öfter krank zu sein und früher zu sterben. Für 724.000 Menschen in Österreich ist gutes Essen nicht leistbar. Das betrifft 138.000 Kinder und Jugendliche. 914.000 Personen können es sich nicht leisten Freunde zum Essen nach Hause einzuladen.

Für Familien unter der Armutsgrenze sind Wohnen, Energie und Ernährung die drei Hauptposten im Haushaltsbudget, die zusammen bereits über zwei Drittel der Gesamtausgaben ausmachen. Bei Haushalten, die weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung haben, steigt der Anteil von Wohnen und Energie auf 36%, Ernährung macht weitere 20% aus. Je weniger Einkommen, desto höher wird dieser Anteil. In Armutshaushalten werden besonders bei länger andauernden Einkommenseinbußen anteilige Ausgaben für Bildung, Kultur, Erholung zugunsten der Ausgaben für Ernährung und Wohnung/Energie verringert. Am Ende des Geldes ist zu viel Monat übrig.

"Es gilt eine zweifache Grenze zu überwinden. Der erste geht mitten durchs Land. Sie ist meist unsichtbar. Sie bahnt sich den Weg durch Schulen, Städte, Märkte, Häuser, Straßen und Einrichtungen. Die andere schneidet sich direkt in den Kopf und durch Herz. Armutsgrenzen verlangen eine doppelte Grenzüberschreitung", so Sozialexperte Martin Schenk. "Es sich nicht leisten können, Freunde zum Essen einzuladen", ist ein Indikator der Armutsforschung. Hier geht es nicht nur ums Geld, sondern auch um die Scham, im Unglück sein Privatestes nicht herzeigen zu wollen. Um den Versuch, die Bedrohung des eigenen Ansehens abzuwehren. "313.000 können ihre Wohnung nicht angemessen warm halten. Davon sind 84.000 Kinder. 456.000 Menschen leben in zu engen und überbelegten Wohnungen. Das betrifft 199.000 Kinder. 224.000 können sich einen notwendigen Arztbesuch nicht leisten. Das betrifft 58.000 Kinder", führt die Armutskonferenz weitere Armutsgrenzen an.