79 000 Selbständige von Einkommensarmut betroffen. Davon 24 000 manifest arm.
Vertragsloser Zustand trifft neue Elendsunternehmer am härtesten. „Neue soziale Risken“ von Sozialpartnern nicht vertreten.
(08.06.2010). Vom vertraglosen Zustand zwischen Ärztekammer und der SVA sind viele neue Selbständige und Ich-AGs betroffenen, deren finanzielle Situation äußerst prekär ist. 79 000 Menschen ind Selbständigen-Haushalten leben laut Statistik Austria* in Einkommensarmut, davon sind 24.000 von manifester Armut betroffen, das heißt sie leben unter bedrückenden Lebensumständen wie feuchte, schimmlige Wohnung, großen Stress ohne Erholung, können ihre Wohnung nicht angemessen warm halten, geschweige denn unerwartete Ausgaben tätigen" so Sozialexperte Martin Schenk von der Armutskonferenz, des österreichweiten Zusammenschlusses von Sozialinitiativen, Hilfsorganisationen, Selbsthilfegruppen, Armutsbetroffener und der Armutsforschung.
„Diese Gruppe von neuen Elendsunternehmern findet weder in der Wirtschaftskammer noch in der Arbeiterkammer eine ausreichende Vertretung. Sie fallen durch die Netze der klassischen Sozialpartner-Interessen. Die neuen sozialen Risken („new social risks“) liegen quer zu den klassischen Risken sozialstaatlicher Sicherungssyssteme: neue Selbständige, prekäre Beschäftigung, Lebensrisiko Pflege, Behinderungen und Migration“ weist das Netzwerk,deren Mitgliedsorganisationen über 500.000 Hilfesuchende im Jahr betreuen und unterstützen, auf notwendigen Handlungsbedarf hin.
Auf diese neuen sozialen Herausforderungen braucht es zukünftig neue soziale Antworten; damit bei solchen Verhandlungen die Schwächsten nicht am meisten draufzahlen, weil sie nicht vertreten sind.
Die polemisch und unsachlich geführte Debatte um die Mindestsicherung ist ein Beispiel dafür, wie engstirnig Teile der politischen Eliten auf die neuen sozialen Risken reagieren. Zukünftig werden Phasen der Erwerbslosigkeit die Biographien der meisten ArbeitnehmerInnen prägen. Lückenlose Erwerbsbiographien samt lebenslangen 40- Stunden-Anstellungen dürften die Ausnahme, nicht die Regel darstellen. Auf diese Herausforderungen muss sich auch das Sozialsystem einstellen. Ein leistungsfähiges unteres soziales Netz ist eine notwendige Antwort gegen Armut in einer sich verändernden Arbeitswelt, die nicht mehr dem Arbeitnehmer-Bild der 1960er und 1970er Jahre entspricht.
* Statistik Austria (2010): EU-SILC 20008