Das Leben ist leider kein Glücksspiel

Wie Spielsucht das Leben ruinieren kann

Die Spielsucht begann bei mir schon, als ich im 18. Lebensjahr war. Am Anfang war es nur „Fußball-Tippen“, also ich schloss Wetten ab und zahlte vorerst minimale Summen. Danach kam immer mehr und mehr dazu. Man kann heute so ziemlich überall sein Geld einsetzen und verlieren, sei es beim Fußball-Tippen, bei Hundewetten, bei Glücksspielautomaten, im Casino. Die Liste ist endlos. Ich war damals auch ziemlich naiv. Zu Beginn meiner Spielsucht dachte ich noch, dass sich mein Einsatz ohnehin in Grenzen hielte. Ich könnte es steuern, glaubte ich zumindest. Doch bald reichte es für mich nicht mehr, nur kleine Beträge einzusetzen. Es wurde mehr und mehr. Ich ging jeden Tag ins Wettbüro, gab meine Fußballtipps ab und ging wieder nach Hause. Dort schaltete ich sofort meinen Laptop ein und verfolgte die Spiele. So ging es Tag für Tag.

Nach einiger Zeit fing ich dann mit dem Glücksspiel-Automaten an. Bei der Erstanmeldung gab es vom Wettbüro einen Gutschein. Mit diesem gewann ich gleich 200 Euro und ich hatte sofort ein riesiges Glücksgefühl. Es ist extrem schön, wenn man so viel Geld gewinnt! Ich ließ mir das Geld auszahlen und kaufte mir sofort Kleidung, Schuhe und Parfum darum. Am nächsten Tag ging ich wieder zum Wettbüro und wollte natürlich meinen Glückslauf vom Vortag wiederholen. Aber innerhalb kürzester Zeit schluckte der Automat 150 Euro. Ich ging nach Hause und grübelte, was ich wohl falsch gemacht hätte. Noch war es keine Tragödie, da ich ja am Vortag Geld gewonnen hatte. Tags darauf startete ich dem Wettbüro wiederum einen Besuch ab. Der Verlust vom Vortrag berührte mich nicht mehr. Ich wollte gewinnen. Immer wieder dachte ich daran, was ich mir für einen Gewinn alles leisten könnte. Und dieser Gedanke kreiste wie ein Karussell in meinem Kopf und war permanent zugegen. Ich verspielte 300 Euro. Nachdem das Geld weg war, war ich ziemlich am Boden zerstört und überlegte, wie ich diesen Monat über die Runden kommen sollte. Zum Glück hatte ich, bevor ich dem Ruf des Wettbüros folgte, bereits die Miete für meine Wohnung überwiesen. Bevor der neue Lohn überwiesen wurde dachte ich immer wieder darüber nach, ob ich ins Wettbüro gehen soll oder besser nicht. Ich hatte mein Verhalten ja noch unter Kontrolle – dachte ich zumindest. Eigentlich wollte ich gar nicht mehr ins Wettbüro gehen, aber der Suchtdruck war zu diesem Zeitpunkt schon zu groß. Ich ging natürlich hin und verlor immer wieder.

So verging ein Monat nach dem anderen, ohne dass ich etwas dagegen unternahm. Irgendwann war es dann so, dass die dreistelligen Summen nicht mehr reichten. Ich verspielte immer mehr und mehr. Dann versucht ich beim Kartenpokern mein Glück. Da gewann ich ab und zu kleinere Beträge, aber im Endeffekt machte ich dennoch ein Minus. Es wurde immer schlimmer, und dann war die logische Konsequenz, dass gleich zu Monatsbeginn mein ganzer Lohn flöten ging. Ich konnte dadurch meine Miete nicht mehr bezahlen, hatte kein Geld für essen und war völlig am Boden zerstört. Ich hatte keinen Plan, wie es nun weitergehen sollte. Bei meiner Bank suchte ich um einen Kredit an, der mir auch bewilligt wurde. Ich schwor mir, nicht mehr ins Wettbüro zu gehen. Aber meine Schwüre waren heiße Luft. Im Monat darauf verspielte ich wieder meinen ganzen Lohn und musste wiederwillig meine Freunde um Geld anpumpen. Ich war so weit, dass ich meine Arbeit kündigte, weil ich nur mehr an das Spielen denken konnte. Und nachdem ich Monate lang keine Miete mehr bezahlte, flog ich aus der Wohnung.

Zum Glück hatte ich gute Bekannte, die mir halfen. Sie nahmen mich bei sich zu Hause auf und gaben mir die Chance, noch einmal neu anzufangen. Ich stellte einen Finanzplan auf und suchte Arbeit. Da ich bei meinen Bekannten für das Wohnen nichts zahlen musste, half ich als Gegenleistung im Haushalt und im Garten mit. Ich fand Arbeit und es ging langsam wieder bergauf. Nach knapp zwei Monaten hatte ich meine Schulden fast abbezahlt. Ich bekam wieder eine eigene Wohnung. Eine Zeit lang ging alles gut. Doch dann begann wieder alles von vorne. Was mich am allermeisten zum Verzweifeln brachte war, dass ich einen kleinen Sohn hatte. Zum Geburtstag, zu Ostern und Weihnachten wollte ich ihm etwas schenken. Aber womit? Ich begann, online zu bestellen. Bezahlen konnte ich meine Einkäufe nicht. Ich verlor wiederum meinen Arbeitsplatz und lebte am absolutem Minimum. Sogar meinem kleinen Sohn fiel auf, dass ich weder Arbeit noch Geld hatte. Das machte mich sehr betroffen und unendlich traurig. Einerseits bin ich bekümmert, dass mein Sohn nicht bei mir lebt, andererseits bin ich froh, dass er bei meiner Mutter ist, die sich wirklich sehr gut um ihn kümmert. Ich weiß, dass ich nicht einmal ansatzweise in der Lage bin, finanziell für mein Kind zu sorgen. Wie es kommen musste, verlor ich wieder meine Wohnung und landete in der Notschlafstelle.

Niemanden wünsche ich so eine Sucht. Sie macht dein Leben kaputt. Ich hoffe ganz fest, dass ich meine Spielsucht in den Griff bekomme und wieder ein normales Leben führen kann. Nervlich bin ich am Boden und habe nur wenig Hoffnung. Ich möchte einfach wieder ein normales Leben führen, finanziell abgesichert sein und meinem Sohn etwas bieten können. Die Chancen auf ein glückliches Leben sind jedoch sehr gering.

Anonym veröffentlicht in der Straßenzeitung Kupfermuckn Linz im November 2017

Veröffentlicht am 29.01.2018