VfGH zwingt Schulbehörden zu Begründung bei Ausschluss von Kindern mit Behinderungen

Sozialrechtsnetz der Armutskonferenz unterstützt Klage von Jugendlichen mit Behinderungen gegen Verweigerung von Unterricht in Oberstufe

(12.04.24). „Der bloße Hinweis, dass ein Schulbesuch aus Platzgründen nicht möglich sei, genügt nicht“, verweist die Armutskonferenz auf das letzte Woche veröffentlichte Urteil des Verfassungsgerichtshofes. Das Sozialrechtsnetz der Armutskonferenz hat die Klage eines Jugendlichen mit Behinderungen gegen die Verweigerung von Unterricht in der Oberstufe koordiniert und unterstützt. Die Bildungsdirektion muss die Begründung der Verweigerung der Zustimmung in ihren Bescheid aufnehmen, so der VfGH. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf können solche Bescheide auf dem Rechtsweg bekämpfen und ihren Schulbesuch gegebenenfalls auch ohne Zustimmung des Schulerhalters durchsetzen

Junge Menschen mit Behinderungen haben aber weiterhin nur Anspruch auf neun Pflichtschuljahre und das 10. Schuljahr als ein Wiederholungsjahr. Ein freiwilliges 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderungen ist in Österreich ein Gnadenakt.

Anlass des Verfahrens am VfGH war die Beschwerde eines Schülers gegen einen Bescheid der Bildungsdirektion Niederösterreich, die den Antrag auf ein freiwilliges 12. Schuljahr abgewiesen hat. Das Sozialrechtsnetz der Armutskonferenz hat den Schüler in seiner Klage unterstützt. Die Lehrerin hat um ein weiteres Schuljahr für den Jugendlichen angesucht, da der Wortschatz und die Lesekompetenz zu erweitern seien, weiters die sprachlichen Fähigkeiten ausgebaut und das Selbstbewusstsein und die Selbstständigkeit, sowie der Ausbau der mathematischen Fertigkeiten gestärkt werden müssten. Sämtliche von der Lehrerin aufgezählten Fähigkeiten sind unabdingbar für eine Eingliederung in das Berufsleben. Die Ablehnung des Antrags auf ein weiteres Schuljahr schließt den Jugendlichen von der vollen Teilhabe an der Gesellschaft aus und macht es ihm unmöglich, seine Selbsterhaltungsfähigkeit zu erreichen. Das Nichterreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit führt über kurz oder lang in die Sozialhilfe, argumentiert das Sozialrechtsnetz der Armutskonferenz.

Die Armutskonferenz fordert einen gesetzlich verankerten, durchsetzbaren Rechtsanspruch für Kinder mit Behinderungen ab 14 Jahren. Dazu braucht es Regelungen, die allen Kindern mit Behinderungen ein durchsetzbares, gesetzlich verankertes Recht auf Teilnahme an inklusiver Bildung, auch auf der Sekundar- und Tertiärstufe, verleihen.


Weitere Informationen

Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs: https://www.vfgh.gv.at