Verwandten-Regress in der Mindestsicherung abgeschafft – jetzt werden Unterhaltsklagen verlangt!

Armutskonferenz vergibt Zitrone an NÖ, OÖ, das Burgenland und Tirol

Dafür gibt’s eine Zitrone!

Bundesländer: NÖ, OÖ, Tirol & das Burgenland (aufgrund uneinheitlichen Vollzugs sind Unterschiede nach Bezirken möglich)

Stand August 2014

„Die aktuelle Zitrone geht an das Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich und Tirol“, führt die Armutskonferenz ihre Serie fort, in der sie auf Missstände in der Gesetzeslage und Vollzugspraxis der Mindestsicherung hinweist. Groß war das Lob, als Bund und Länder beschlossen, den Angehörigen-Regress in der Mindestsicherung abzuschaffen. Der Regress und damit die Pflicht, erhaltene Leistungen zurückzuzahlen, führte dazu, dass viele Anspruchsberechtigte unter der Sozialhilfe alt keinen Antrag stellten.

Doch Sozialämter in NÖ, OÖ, Tirol und dem Burgenland haben einen neuen Weg gefunden, um Angehörige von Hilfesuchenden zur Kasse zu bitten. Sie fordern Antragstellende auf, ihre Eltern bzw. volljährigen Kinder auf Unterhalt zu klagen. Diese Praxis muss aber nicht notwendigerweise im ganzen Bundesland angewandt werden, so die Armutskonferenz einschränkend. Aufgrund uneinheitlichen Vollzugs sind Unterschiede von Bezirk zu Bezirk möglich. Ob Regress oder Unterhaltsklage: das Ergebnis ist dasselbe: Aus Angst, dass ihre Angehörigen belangt werden könnten, bringen viele Anspruchsberechtigte keinen Antrag ein. „Die Sorge vor familiären Konflikten hilft den Bundesländern in einem Bereich zu sparen, in dem es für die Betroffenen um das bloße Überleben geht. Saurer können die Zitronen, die wir vergeben, nicht sein“, so die Armutskonferenz. Was viele Betroffene nicht wissen: Zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern bestehen nur im Ausnahmefall tatsächlich auch Unterhaltspflichten. „Hier wird mehr behauptet als geprüft“, so die Armutskonferenz. Viele der Klagsaufforderungen der Ämter sind rechtlich äußerst fragwürdig.

Vorarlberg, Wien und Salzburg Stadt: Kein Regress & keine Klagsaufforderungen

Doch es gibt auch Bundesländer bzw. Regionen, in denen die Praxis, Unterhaltsklagen einzufordern, nicht vorzufinden ist. Das sind Vorarlberg, Wien sowie Salzburg Stadt. „Schwarze Schafe im Vollzug können wir natürlich auch hier nicht ausschließen“, so die Armutskonferenz einschränkend. Denn oft können soziale Organisationen nicht die Situation im gesamten Bundesland überblicken.

Steiermark: Vertragsbruch behoben & vorbildhafte Neuregelung

Die Steiermark zählte mit Kärnten zu jenen Bundesländern, die die Bund-Länder-Vereinbarung zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung 2011 brachen und den Regress wieder einführten. Nun hat sie nochmals eine Kehrtwendung gemacht und den wieder eingeführten Regress mit 1.7.2014 erneut abgeschafft. Darüber hinaus hat sie aber auch geregelt, dass Unterhaltsansprüche nur dann geltend gemacht werden müssen, wenn diese schon vor der Inanspruchnahme von Mindestsicherungs-Leistungen gerichtlich festgelegt wurden. Damit wurde den Aufforderungen zu Unterhaltsklagen per Gesetz die Grundlage entzogen. „Wir werden aber genau beobachten, ob sich die vollziehenden Behörden auch an diese Regelung halten“, sagt die Armutskonferenz.

Kärnten: Ankündigungspolitik

In Kärnten sind die Bestimmungen zum Angehörigen-Regress als einzigem Bundesland nach wie vor in Kraft. Dort hat man schon im Februar dieses Jahres eine Abschaffung angekündigt – und bis jetzt doch nichts geändert.

Mehr: Langversion (pdf)