Mindestsicherung: Wo Armutsbekämpfung endet und Hartz IV beginnt.

Utl.: Das im Regierungsprogramm vorliegende Konzept ist keine Grundsicherung, sondern eine Sozialhilfereform, deren Eckpunkte noch sehr unklar sind.

(17.01.07). Die Armutskonferenz warnt davor, "die gesamte Armutsbekämpfung auf die Sozialhilfe zu packen". "Armutsbekämpfung beginnt bei existenzsichernden Leistungen in der Arbeitslosenversicherung, aktiver Arbeitsmarktpolitik für Benachteiligte, flexibler Hilfe durch Steuergutschriften bei working poor", ruft das österreichische Anti-Armutsnetzwerk die neue Regierung auf einen ganzheitlichen Ansatz in Erinnerung. "Armutsbekämpfung beginnt bei richtigen Angeboten für psychisch Kranke, niederschwelligen Gesundheitseinrichtungen und eine die Sozialhilfe entlastende Pflegefinanzierung."

"Wenn das Mindestsicherungs-Paket aus seinem Glitzerpapier befreit worden ist, darf nicht die alte Sozialhilfe zum Vorschein kommen", sorgt sich die Armutskonferenz um die Substanz des vorgelegten "Mindestsicherungspapiers“.

"Die Erhöhung der Richtsätze auf 726 Euro bei Einrechnung von bisher extra gewährten Heiz- und Wohnkostenzuschüssen führt nicht unbedingt zu Verbesserungen", gibt die Armutskonferenz zu Bedenken.

"Das im Regierungsprogramm vorliegende Konzept ist keine Grundsicherung, sondern eine Sozialhilfereform, deren Eckpunkte noch sehr unklar sind. Es darf nicht bei den beschämenden Bedarfsprüfungen bleiben, bei der mangelnden Rechtssicherheit, bei der Armutsfalle "Regress“ und der schlechten Verfahrensqualität im unteren sozialen Netz. Wenn es keine flexiblen Schonvermögen gibt, werden neue Armutsfallen geschaffen. Wer Hilfesuchenden die letzten Ressourcen nimmt, verfestigt Armut, statt sie zu bekämpfen. Das sind die entscheidenden Details, wo Armutsbekämpfung endet und Hartz IV beginnt", so die Expertinnen und Experten der Armutskonferenz.

"Die Sozialhilfe kann in Zukunft nicht der Staubsauger für alle strukturellen Probleme sein, die in der Mitte der Gesellschaft angelegt sind: Arbeitslosigkeit, Pflegenotstand, prekäre Jobs, mangelnde soziale Aufstiegschancen im Bildungssystem, macht die Armutskonferenz aufmerksam. "Besser ist es präventiv zu verhindern, dass Leute in die Sozialhilfe fallen. Die Sozialhilfe ist für Notlagen, nicht für strukturelle Arbeitslosigkeit, "working poor" oder Pflege geschaffen worden: Sie wurde eigentlich nur als Instrument zur Überbrückung außergewöhnlicher Notlagen konstruiert. Von daher ist sie gar nicht geeignet, regelmäßig wiederkehrende und massenhaft auftretende soziale Risikolagen wie Arbeitslosigkeit, prekäre Jobs oder Pflege aufzufangen. Die Sozialhilfe und die Gemeinden sind damit völlig überfordert.", so die Armutskonferenz abschließend.

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