UN-Tag gegen Armut: Gute Mindestsicherung statt schlechte Sozialhilfe

Armutskonferenz drängt auf vorausschauende und nachhaltige Maßnahmen: Langzeitarbeitslosigkeit, Therapieplätze, Wohnen, Schule, Working Poor, Schuldenberatung.

(16.10.2020) „Die Abschaffung der Mindestsicherung und das in zwei Bundesländern bereits bestehende Sozialhilfegesetz wird uns angesichts der Krise noch große Probleme machen.“, berichtet die Armutskonferenz aus der sozialen Praxis ihrer Mitglieder, die im Jahr 500.000 Hilfesuchende begleiten. Das neue Gesetz verschärft Armutslagen, degradiert Betroffene zu „Bittstellern“ und eröffnet neue Hürden und Unsicherheiten, mit denen Menschen in schwierigen Lebenssituationen konfrontiert werden. Die Lebensbedingungen waren schon bisher von feuchten, schimmligen Wohnungen und Kindern in zu kleinen, dunklen Räumen geprägt, wie wird das jetzt weitergehen? Besonders giftig für Hilfesuchende ist der Wohndeckel. Auch mangelnde Soforthilfe, fehlende Heilbehelfe, Barrieren für psychisch Kranke und Kürzungen bei Haushalten volljähriger Personen mit Behinderung tragen nicht, wenn alles rundum zusammenbricht.

Neue Mindestsicherung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert

Die Krise zeigt wie wichtig jetzt eine gute Mindestsicherung wäre, statt einer schlechten Sozialhilfe, die Menschen in Notsituationen nicht auffängt. Wir brauchen eine neue Mindestsicherung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen für eine bessere Mindestsicherung, die eine effektive Soforthilfe, kürzere Entscheidungsfristen, Dienstleistungen und Alltagshilfen, Ausbildungsoptionen, Unterhaltsreform, Anspruch auf Einbeziehung in die Krankenversicherung und den tatsächlichen Wohnbedarf umfassen, so die Armutskonferenz.

Therapieplätze, Langzeitarbeitslose, Schule, Wohnen, Working poor

Die Probleme liegen am Tisch: Seit Jahren fehlen zehntausende leistbare Therapieplätze für Kinder und chronisch Kranke. Ältere Langzeitarbeitslose werden arbeitsmarktpolitisch im Stich gelassen. Das österreichische Schulsystem weist eine im internationalen Vergleich hohe soziale Vererbung auf. Leistbares Wohnen in Städten ist ein wachsendes Problem für kleinere Einkommen. Prekarität und Working Poor gehören weiter zum großen verschwiegenes Thema hinter der Mindestsicherung: 57% der Familien mit Kindern in der Mindestsicherung haben eine Beschäftigung.

Armutskonferenz zeigt auf, was wirkt: Gute Schule, leistbares Wohnen und Hilfen im Alltag!

„Es gibt genügend Instrumente und Möglichkeiten in der Schule, beim Wohnen und mit sozialen Dienstleistungen gegenzusteuern“, erinnert die Armutskonferenz an effektive Maßnahmen gegen Armut. „Grundsätzlich helfen Einkommensarmen Investitionen in Dienstleistungen, die sie im Alltag unterstützen: von der Kinderbetreuung, der Frühförderung, Beratungsangebote für Menschen in sozialen Notlagen, oder auch Wohnangebote für Jugendliche, die es im Leben schwerer haben, Schuldenberatung bis hin zu Pflegehilfen. „Hier entstehen Win-win-Situationen zwischen Einkommen, Arbeitsplätzen, Frühförderung von Kindern und Pflegeentlastung Angehöriger. Auch ein Bildungssystem, das den sozialen Aufstieg fördert und nicht sozial selektiert, wirkt. Auf die neuen sozialen Risken wie prekäre Jobs oder psychischen Erkrankungen muss angemessen sozialpolitisch reagiert werden. Und nicht zuletzt braucht es Wohnen, das man sich auch leisten kann", so die Armutskonferenz. Auch im Gesundheitsbereich gibt es eine Reihe von Baustellen: „Die bessere Versorgung mit psychosozialen Notdiensten – gerade im ländlichen Bereich; leistbare Psychotherapie-Angebot und eine qualitative Verbesserung der Gutachtersituation.“ Nicht zuletzt baut erfolgreiche Armutsbekämpfung auf sozialen Menschenrechten auf. Die Armutskonferenz unterstützt das Vorhaben der Regierung, den Grundrechtekatalog zu erweitern.