Armutskonferenz: Mit Stigmatisierung wird regiert

Ruth Patrick, University of Liverpool: „Abwertung hat System: Anti-Sozialstaats-Maschine, die wie ein Panzer alle anderen Lebensrealitäten niederwalzt“

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(06.03.2018) „Von der Kluft zwischen politischer Rhetorik und den realen Erfahrungen der Armut“, berichtet Ruth Patrick von der University of Liverpool in ihrem Einleitungsreferat auf der 11. Armutskonferenz, die heute und morgen in Salzburg mit 400 TeilnehmerInnen aus Wissenschaft, Selbsthilfeinitiativen, sozialen Organisationen, Bildungseinrichtungen und Armutsbetroffenen stattfindet. „Das politische Versprechen der Integration bedeutet in Wirklichkeit für die Betroffenen die Erfahrung von massiver sozialer Ausgrenzung“, warnt Patrick vor den Entwicklungen Großbritanniens.

„Sozialkürzungen funktionieren nicht. Die Auswirkungen sind schlimm: mehr Kinderarmut, viele können sich Heizen nicht mehr leisten, Food Banks explodieren, Familien mit geringem Einkommen sind mit massiver Verschlechterung ihrer Gesundheit konfrontiert“.

Die davon Betroffenen werden aber noch dazu abgewertet, vorgeführt und beschimpft. „Die Funktion dieser Abwertungen hat System“, analysiert Ruth Patrick. „Mit Stigmatisierung wird regiert“. „Das schlechte Reden über Menschen, die wenig haben, wird gezielt eingesetzt“, berichtet Patrick aus ihren Forschungsergebnissen: Das funktioniere wie eine „Anti-Sozialstaats-Maschine, wie ein Panzer, der alle anderen Lebensrealitäten niederwalzt, der alle negativen Erzählungen vor sich her schiebt.“

Bedürfnis nach Achtung wird mit Füssen getreten

Unter dem Titel „Achtung“ macht die 11.Armutskonferenz die Abwertungsspirale und das Ringen um Anerkennung, Wertschätzung und Würde zum Thema. „Das Versprechen, dass Leistung und Arbeitseifer soziale Sicherheit, Anerkennung und Achtung garantieren, ist fundamental ins Wanken geraten“, weist Judith Pühringer von der Armutskonferenz in ihrer Begrüßung hin. „Menschen über 50 Jahre werden aufs Abstellgleis gestellt, MindestsicherungsbezieherInnen werden abgewertet, arbeitslosen Menschen wird die Integrationshilfe gestrichen und gleichzeitig Untätigkeit unterstellt. Das fundamentale Bedürfnis nach Achtung und Würde wird politisch mit Füssen getreten“.

„Im genauen Wahrnehmen und Sichtbarmachen von Achtung und Wertschätzung liegt eine verändernde Kraft. Genau hier liegt die große Stärke der Armutskonferenz, die große Kraft dieses vielstimmigen Netzwerks", so Pühringer abschließend.

Weitere Informationen:

Unterlagen "Demütigung macht krank"

www.armutskonferenz.at/achtung