Zukunft trotz(t) Herkunft: Aktionsplan gegen Jugendarmut

Armutskonferenz fordert Ausbau unterstützender Sozial- und Jugendarbeit. Und: Schulen in sozial benachteiligten Bezirken oder Regionen besonders gut auszustatten.

(31.05.11) "Eine Schule, die nicht sozial ausgrenzt, ist zentrale Voraussetzung für Armutsbekämpfung und Aufstiegschancen von Kindern aus benachteiligten Familien", so die Armutskonferenz anlässlich der Enquete "Zukunft trotz(t) Herkunft" in Wien, die von Armutskonferenz, bildunggrenzenlos und der Arbeiterkammer veranstaltet wird. "Trotz gut ausgebautem Sozialstaat sind die Aufstiegschancen von Kindern aus ärmeren Elternhäusern in Österreich unterdurchschnittlich", stellt Sozialexperte Martin Schenk fest. "In Österreich haben wir eine im europäischen Vergleich geringe Jugendarmut, aber nur durchschnittliche Werte bei den sozialen Aufstiegschancen von Jugendlichen aus ärmeren Haushalten. Die Schule hat eine zentrale Verantwortung dafür, ob die Bildungschancen vom Talent des Kindes oder vom Einkommen der Eltern abhängen.", so Sozialexperte Martin Schenk von der Armutskonferenz.

Fast 150.000 Kinder und Jugendliche armutsbetroffen

148.000 unter 19 jährige in Österreich sind „manifest arm“, das heißt sie müssen unter bedrückenden Lebensverhältnissen leben wie zu kleine und schimmlige Wohnung, im Winter unbeheizten Räumen, ihre Eltern haben die schlechtesten Jobs, die geringsten Einkommen, die krankmachendsten Tätigkeiten. Die Jugendlichen wohnen in den schlechtesten Vierteln und gehen in die am geringsten ausgestatteten Schulen.

Armutskonferenz fordert Aktionsplan

Die Armutskonferenz fordert deshalb einen Aktionsplan, der Bildungsministerium, Sozialministerium, Wirtschaftsministerium und Jugendagenden zusammenbringt. Es geht darum, die Schnittstellen zwischen Schule, sozialer Arbeit und Ausbildung zu sichten und zu verbinden. Überall dort, wo die Koordination zwischen Schule und Sozialem gelingt, gelingt es auch Jugendlichen effektiv zu helfen.

1. Flächendeckender Ausbau von schulunterstützender Sozialarbeit wie auch Ausbau an den Schnittstellen zwischen Schule und offener Jugendarbeit. Projekte wie move on, Schulassistenz, c`mon 14, job Ahoi oder spacelab * zeigen erfolgreich wie junge Leute aufgefangen und unterstützt werden können. Da geht es um niederschwellige Angebote, um case Management, darum, junge Leute, die „verloren“ geglaubt werden, Zukunft zu geben. Wichtig erweist sich hier auch die Arbeit im öffentlichen Raum, in Parks, rund um Schulen.

2. Ob eine Schule sozial integrativ ist oder nicht, liegt an der Schulorganisation genauso wie an der Unterrichtsqualität, genauso wie an der Schulraumarchitektur genauso wie an der LehrerInnenausbildung. Das eine ist vom anderen nicht zu trennen. Damit Zukunft nicht von der Herkunft abhängt, braucht es einen Bildungsweg, der nicht sozial selektiert, sondern individuell fördert. Wichtig wäre, Schulen in sozial benachteiligten Bezirken oder Regionen besonders gut auszustatten und zu fördern, damit sie für alle Einkommensschichten attraktiv bleiben, so Schenk.

Weitere Forderungen

Bildungsentscheidung nicht mit zehn Jahren treffen müssen.

Ganztägige Schulformen mit verschränktem Unterricht ausbauen. Davon profitieren im besonderen Maße sozial benachteiligte Jugendliche

Intensivierung der pädagogischen Fähigkeiten des Lehrpersonals vom Kindergarten bis zum Gymnasium. Verstärkte Teamarbeit in den Schulen statt Einzelkämpfertum.

Ein Unterricht, der in heterogenen Gruppen, individuell fördern kann. Der Lernprozesse gestaltet, auf Neugier und Konzentration baut. Von der Defizitorientierung auf Ressourcenorientierung umsteigen. Wo "Fehler machen" Bestandteil des Lernens ist. Ein Unterricht, der sich an den Lebenswelten der Schüler orientiert und sie nützt. Abgehen von den Ein Stunden-Einheiten: Themenflächen und Fächerauflösung im Kernunterricht.

Dafür braucht es eine andere Schulraumarchitektur mit flexibleren Räumen, Ecken zum zurückziehen, Orten zum Recherchieren und zum Aufenthalt in Pausen.

Öffnung der Schule hin zum Stadtteil, zur Gemeinde. Für Aktivitäten in Gesundheit oder Erwachsenenbildung, Spracherwerb, Kultur- oder Sportveranstaltungen.

* Links zu Projekten: Move on , Schulassistenz , Job ahoi , c' mon 14 , Spacelab

Dokumente zur 2.Enquete: Inputs Bakic (PDF) , Nairz-Wirth (PDF) , Nikolai (PDF)

Fotos der 2.Enquete: 1 , 2 , 3 , 4 , 5

Ergebnisse und Forderungen: Workshop1 , WS2 , WS3 , WS4 , WS5