SICHTBAR WERDEN I: Wir sind keine Bittsteller, wir wollen Respekt!

Erstes österreichweites Treffen Armutsbetroffener mit Forderung nach besserer Sozialhilfe und mehr Chancen für Kinder.

„Wir sind keine Bittsteller, wir wollen Respekt“, so die TeilnehmerInnen des ersten österreichweiten Treffen von Menschen mit Armutserfahrung, das unter dem Titel "Sichtbar Werden" über das Wochenende in Wien stattfand.

Erwerbsarbeitslose, MitarbeiterInnen von Straßenzeitungen, psychisch Erkrankte, Menschen mit Behinderungen, Alleinerzieherinnen und MigrantInnen sind drei Tage zusammen gekommen, um gemeinsam über Strategien gegen Armut zu beraten.

„Sichtbar Werden sollen unsere Alltagserfahrungen. Sichtbar Werden sollen unser Können und unsere Stärken. Sichtbar werden sollen unsere Forderungen und Wünsche zur Verbesserung der Lebenssituation.“ In allen Erfahrungsberichten zeigte sich die mangelnde Existenzsicherung der Sozialhilfe, die österreichweit im Zugang und ihren Leistungen verbessert werden muss. Weitere Ergebnisse aus dem Leben von Armutsbetroffenen: Statt Alleinerziehende mit ihren Kindern ins finanzielle Out zu stellen, besser den Unterhalt an Bedürfnissen der Kinder orientieren. Um die Chancen der Kinder zu verbessern wünschen sich alle, die für das finanzielle Überleben auch am Nachmittag arbeiten müssen, eine kostenlose Nachmittagsbetreuung an der Schule.

Statt Zugangsbarrieren zum Gesundheitssystem: endlich e-card auch fürSozialhilfebezieherInnen einführen. 38% aller MigrantInnen arbeiten in Jobs, für die sie überqualifiziert sind. Die vielen Qualifikationen von Zugewanderten sollen anerkannt und als Potential genützt werden. Hilfesuchende werden von einem Amt zum anderen geschickt. Statt Bürokratiedschungel wünschen sich alle ein One-Desk Prinzip bei Sozialleistungen: eine Stelle, wo man Informationen und Hilfestellung bekommt. Für die Begutachtungen bei Pflegegeld und Invalidität fordern die Betroffenen kompetente Ärzte oder Fachleute aus anderen Gesundheitsberufen.

Weiters wichtig: Sozialanwaltschaften, die soziale Rechte mit Rechtsmittel durchsetzen können. Und Freifahrt für Einkommensschwache auf öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Schwerpunkte der drei Tage lagen auf dem Zugang, Durchsetzung und Verbesserung von Sozialleistungen, Maßnahmen gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, Bewältigungsstrategien in akuter Armut, die Erfahrungen an der Schnittstelle Existenzsicherung und Arbeitsmarkt.

Die ARMUTSKONFERENZ initiierte und koordinierte das Treffen, das vom Bundesministerium für Soziales im Rahmen des europaweiten Treffens „People experiencing poverty“ unterstützt wurde.

Forderungen zur Verbesserung der Lebenssituation (pdf)