Armutskonferenz an Regierungsverhandler: Armut bekämpfen, nicht die Armen!

Deckel-Gesetze in NÖ & OÖ produzieren persönliche Notlagen und gesellschaftliche Folgekosten. Der Trick: „Asyl“ wird gesagt, gestrichen wird aber dann bei allen.

(07.11.2017) Die Armutskonferenz fordert die Regierungsverhandler auf, Armut zu bekämpfen, und nicht die Armen. Es gebe tausend gute Maßnahmen um Armut in Österreich zu verringern, es gibt aber auch genug die Lage noch weiter zu verschärfen.

„Asyl“ wird gesagt, aber gestrichen wird dann bei allen. „Die Deckelungskürzungen in der Mindestsicherung betreffen Familien, Alleinerziehende, Pensionisten, Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen, Arbeitnehmer und Arbeitssuchende gleichermaßen“, analysiert die Armutskonferenz, das Netzwerk von über 40 Initiativen aus sozialen Organisationen, Selbsthilfeinitiativen, Wissenschaft, Bildungseinrichtungen und Armutsbetroffenen. „Das ist wie bei Trickdieben: Es braucht immer einen, der ablenkt, damit dir der andere die Geldbörse aus der Tasche ziehen kann.“

„Diese Einschnitte werden zahlreiche persönliche Notlagen, gesellschaftliche Folgen samt Folgekosten mit sich bringen.“ Betroffen sind beispielsweise jetzt schon in Niederösterreich Geringverdiener mit Frau und kleinen Kindern, Alleinerziehende Mütter, die sich zum Schutz ihrer Kinder von gewalttätigen Männern getrennt haben. Chronisch kranke Personen, die zwar als erwerbsfähig gelten, am Arbeitsmarkt aber enorm schlechte Karten haben. Eltern, die mit ihren erwachsenen Kindern mit Behinderung im selben Haushalt leben. Familienväter, die sich mit schwerer Arbeit körperlich ruiniert haben und gekündigt wurden. Die Mitglieder der Armutskonferenz begleiten, betreuen und unterstützen über 500.000 Menschen im Jahr.

Gesundheit, Anerkennung, Chancen!

„Deckel drauf. Das heißt Kinder klein machen, unter Verschluss halten, hinunter drücken, Chancen rauben. Jedenfalls nicht das, was Kinder brauchen: wachsen lassen, fördern, zutrauen, stärken“, analysiert die Armutskonferenz. Angesichts der Tatsache, dass die Mindestsätze schon jetzt nur zur Deckung des unmittelbaren Bedarfes reichen, entziehen die Kürzungen Familien mit mehreren Kindern die Existenzgrundlage und bringen damit auch die Zukunftsperspektiven der Kinder ernstlich in Gefahr. Dies steht dem Ziel Armut und sozialer Ausgrenzung nachhaltig entgegenzuwirken und folglich auch eine „Vererbung“ von Armut über Generationen zu vermeiden, diametral entgegen.

Eine Mutter mit Kindern, eines ist krank und braucht eine spezielle Therapie. Das geht sich mit all den Kürzungen nicht aus. Kleinigkeiten? Nein, das sind die wichtigen Faktoren für die Entwicklung von Kindern: Gesundheit, Anerkennung, Förderung – keine Beschämung und keine Existenzangst. All das hat Folgen: Die armen Kinder von heute sind die chronisch kranken Erwachsenen von morgen. Und als Beispiel: Die Streichungen bei der Wohnbeihilfe in England führten zu einem 10 prozentigen Anstieg von psychischen Problemen bei Personen aus Niedrigeinkommenshaushalten, wie Studien der Universität Oxford zeigen.

Kinder und Jugendliche, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, haben Nachteile, die in mehreren Bereichen sichtbar werden. Die Gefahr des sozialen Ausschlusses zeigt sich in den geringeren Möglichkeiten Freunde einzuladen, Feste zu feiern und an kostenpflichtigen Schulaktivitäten teilzunehmen. Diese sozialen Teilhabemöglichkeiten sind erst ab mittlerem Einkommen für fast alle Kinder leistbar (Statistik Austria, EU SILC).
Statt Menschen zu Almosenempfängern zu machen, gehören die Gesetze so geändert, dass sie Armut bekämpfen und nicht Armutsbetroffene noch ärmer machen", so die Armutskonferenz abschließend.