Krank und nicht versichert in Österreich: 100.000 betroffen

Mix aus strukturellen Lücken, sozialen Benachteiligungen, fehlenden persönlichen Ressourcen und mangelnder Information

(23.03.2010). "Insgesamt sind um die 100.000 Menschen in Österreich nicht krankenversichert, das sind fast zwei Prozent der Wohnbevölkerung. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie geringes Einkommen haben", verweist die Armutskonferenz auf die Situation in Österreich. "Der Versicherungsschutz ist sehr gut im Vergleich zur USA, aber es gibt auch hier neue Probleme", so Sozialexperte Martin Schenk.

"Zwei Drittel befanden sich zum ersten Mal in dieser Situation, immerhin ein Drittel war schon öfters davon betroffen. Für viele ist der mangelnde Krankenversicherungsschutz kurzzeitlich, für manche dauerhaft. Es ist ein Mix aus strukturellen Lücken, sozialen Benachteiligungen, fehlenden persönlichen Ressourcen und mangelnder Information.", verweist Schenk auf die aktuellst verfügbaren Daten.

Davon betroffen sind Menschen in prekärer Beschäftigung, Personen in schweren psychischen Krise, Arbeitssuchende ohne Leistungsanspruch, vormals mit ihrem Ehemann mitversicherte Frauen nach der Scheidung, Hilfesuchende, die ihren Sozialhilfeanspruch aus Scham nicht einlösen.

- Jeder zweite Anspruchberechtigte, beantragt keine Sozialhilfe. Die Gründe sind: Scham, Schikanen am Sozialamt, Angst vor
Armutsverfestigung. Wer als Mittelloser aber ohne Sozialhilfe lebt, lebt auch ohne Krankenversicherung.
- Viele haben zwar einen Job, davon leben können sie eigentlich nicht. Mit dem geringen Einkommen kann man gerade noch die Miete zahlen, die Sozialversicherungsbeiträge sind diesmal aufgeschoben, weil eine kaputte Therme repariert werden musste. Arm trotz Arbeit und ohne Versicherung. Wenn man dann überraschend schwer erkrankt, überfallen einem die Behandlungskosten.
- Unfassbar Grausames müssen Flüchtlinge in ihrer Heimat erleben. Zumindest jetzt hier in Sicherheit quälen die Folgen der schweren Traumatisierungen. Hätte eine Hilfsorganisation nicht die Kosten der Therapie übernommen, viele wären noch immer von Schlafstörungen und Flashbacks geplagt.
- Psychische Erkrankung, z.B.: depressiver Schub. In solchen Phasen psychischer Krise versagen Betroffenen die Fähigkeiten zur
Selbstorganisation. Sie versäumen z.B. den Termin am Arbeitsmarktservice und drohen aus der Krankenversicherung zu fallen.
- Viele Jugendliche suchen Arbeit, haben aber keinen Leistungsanspruch. Es sind nur jene Arbeitslosen krankenversichert, die auch eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Viele Personen erfüllen jedoch nicht die notwendige Wartezeit, die bei erstmaliger Inanspruchnahme notwendig ist. Darunter auch viele Jugendliche, die noch nicht genug Versicherungsmonate haben.

"Die Lücken im Netz suchen nach politischen Lösungen", fordert die Armutskonferenz. "Wirtschafts-, Sozial- und Gesundheitsministerium sollen sich zusammensetzen, die Lücken im Krankenversicherungsschutz auflisten und rasch Lösungsmöglichkeiten vorschlagen.", so Schenk abschließend.