Mindestsicherung: Almosencharakter verstärkt, soziale Grundrechte und Chancen geschwächt

Ziel eines modernen sozialen Netzes: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung

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(28.11.2018) Die Abschaffung der Notstandshilfe bei gleichzeitigen Kürzungen der Mindestsicherung für Haushalte mit Kindern wird die Zahl der Personen in sozialer Not massiv erhöhen. „Alle diese Vorschläge führen dazu, dass soziale Unsicherheit bis weit in die unteren Mittelschichten hoch getrieben wird – und sich Gegenwart und Zukunft für Hunderttausende verbaut. Reformen wären sinnvoll, wenn sie versuchen würden, die Existenz und Chancen zu sichern, aber nicht Leute weiter in den Abgrund zu treiben“, so die Armutskonferenz, Wir begleiten und betreuen 500.000 Menschen im Jahr. „Wir wissen, was Maßnahmen anrichten können. Im Alltag. Konkret. Real.“ Ziel eines „modernen sozialen Netzes“ sind „Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung.“

Prävention: Gesundheit, Wohnen, Bildung, Pflege

Ein starkes soziales Netz stützt und schützt die Mittelschichten. Es kann nicht Ziel sein, möglichst viele Leute in die Mindestsicherung zu drängen, was beispielsweise die Abschaffung der Notstandshilfe bewirken würde. Wenn die Zahl der Bezieher im untersten Netz steigt, stimmt in anderen Bereichen der Gesellschaft etwas nicht: Langzeitarbeitslosigkeit Älterer, Pflegenotstand, prekäre nichtexistenzsichernde Jobs, explodierende Wohnkosten, Burn Out, mangelnde soziale Aufstiegschancen im Bildungssystem. Es ist notwendig, dort präventiv mehr zu tun, wo die vorgelagerten Systeme nicht funktionieren.

Dualisierung sozialer Sicherheit

Der Aufbau der ersten Sozialversicherungssysteme Ende der 1880er Jahre setzte den Beginn hin zu einer aktiven Sozialpolitik, während gleichzeitig das „Armenwesen“ in seinem rechtlosen Almosencharakter verblieb. Diese „Dualisierung sozialer Sicherheit“ spaltete sich auf in eine disziplinierende Armutspolitik und eine mit Rechtsanspruch begründete Arbeiterpolitik. Hier die Sicherung jener Lebensrisken, die über Lohnarbeit bzw. Erwerbsarbeit mit Rechtsanspruch und Sozialversicherung abgefedert werden, dort die Absicherung übriger Risken in lediglich rudimentärer und abweisender Form. Die vorgeschlagenen Regelungen verschärfen diese Spaltung und schwächen gleichzeitig die sozialen Rechte, die uns alle schützen.